Schmidberger schlägt Weltmeister – Grebe holt ersten Turniersieg
Dienstag 2. Juni 2015 von Ernst Weinmann
34 deutsche Starter kämpften in der vergangenen Woche bei den topbesetzten 3. Bayreuth Open um Edelmetall und Weltranglistenpunkte – nur China stellte mit 36 Startern eine größere Delegation. Am Samstag gingen die Wettkämpfe mit insgesamt 13 Medaillen für das deutsche Team zu Ende. Besonders hervorzuheben sind die beiden Goldmedaillen, denn für Stephanie Grebe bedeutete der Sieg in der Wettkampfklasse 6 den ersten Turniersieg ihrer Karriere und Thomas Schmidberger besiegte im Finale der WK3 erstmals mit einem imposanten 3:0 den Weltmeister Feng Panfeng.
Dabei hatte die Gruppenphase für Grebe noch etwas holprig begonnen– nach einem glatten Sieg gegen die Macau-Chinesin Lam Oi Man unterlag sie Antonina Khodzynskaya aus der Ukraine überraschend klar mit 0:3. Am Finaltag jedoch zeigte die 27-Jährige ihr bestes Tischtennis: Nachdem sie im Halbfinale zunächst Maryna Lytovchenko (UKR) in vier Sätzen besiegte, revanchierte sie sich im Finale mit einem 3:2 gegen Khodzynskaya und holte ihren ersten Titel im Einzel. Anschließend trat sie gemeinsam mit Juliane Wolf im Teamwettbewerb der WK8 an und fügte der Turnierbilanz noch eine Silbermedaille hinzu: In der Vierergruppe unterlag das deutsche Duo nur den Chinesinnen mit 1:3.
Schmidberger hingegen gab in seiner Studienstadt bis zum Viertelfinale keinen Satz ab – dort traf er dann auf den Chinesen Zhai Xiang, der den Lokalmatador erstmals in den Entscheidungssatz zwang. Diesen gewann Schmidberger mit 11:7 und schlug im Halbfinale den Franzosen Merrien wieder glatt in 3 Durchgängen. Es war alles angerichtet für das Traumfinale: Vizeweltmeister Schmidberger traf auf Weltmeister Feng Panfeng. Vor den Augen seiner Fans drehte der Deutsche richtig auf und überraschte Feng mit unglaublichen Reaktionen – der Weltmeister wehrte sich, doch Schmidberger behielt Feng im Griff und gewann in einem sensationellen Spiel mit 3:0. Im Finale des Teamwettbewerbs stand Schmidberger mit seinem Partner Thomas Brüchle erneut den Chinesen Feng/Zhai gegenüber, welche die Deutschen im Finale der Weltmeisterschaften letztes Jahr noch geschlagen hatten. Hier hatten nun jedoch die Chinesen das bessere Ende für sich und bezwangen die deutschen Weltmeister mit 3:0.
Auch Valentin Baus spielte in Bayreuth ein tolles Turnier und hatte am Ende zwei Silbermedaillen im Gepäck: Der Weltmeister der WK 5 spielte sich wie sein Nationalmannschaftskollege Jörg Didion souverän ins Halbfinale und setzte sich dort gegen Weltranglisten-Fünften Nicolas Savant-Aira (FRA) mit 3:1 durch, der zuvor Selcuk Cetin im Viertelfinale ausgeschaltet hatte. Auf der anderen Seite musste sich Didion dem Taipeh-Chinesen Lin Yen-Hung geschlagen geben. Dieser spielte dann auch im Finale groß auf und überrumpelte Baus an diesem Tag – doch auch Silber glänzt hell für den jungen Deutschen. Im Teamwettbewerb trat Baus mit Selcuk Cetin an und auch hier wussten die beiden Deutschen zu überzeugen. Nach einer souveränen Gruppenphase gewannen Baus/Cetin im Viertelfinale gegen die britische-türkische Kombination Hunter-Spivey/Caliskan und setzten sich auch im Halbfinale gegen Ozturk/Vural (TUR) mit 3:2 durch. Damit standen sich auch in der WK5 im Endspiel Deutschland und China gegenüber und dieses Finale entwickelte sich zu einem echten Krimi: Mit 2:3 ging der Sieg schließlich an das vom Weltranglisten-Zweiten Cao Ningning angeführte Team aus dem Reich der Mitte.
Bei den weiblichen Starterinnen wusste neben Stephanie Grebe auch Youngster Sandra Mikolaschek in der WK4 zu überzeugen: Die 17-Jährige setzte sich in der Gruppe gegen die im Weltranking vor ihr platzierte Sue Gilroy (GBR) durch und zog so als Gruppenerste ins Viertelfinale ein. Dort schlug sie die Inderin Bhavina Patel und traf im Halbfinale auf die Weltranglisten-Dritte Zhou Ying (CHN), gegen die sie ein tolles Spiel zeigte und sich schließlich in vier Sätzen geschlagen geben musste. Bronze im Einzel fügte sie mit Newcomerin Lisa Hentig noch eine sensationelle Silbermedaille im Teamwettbewerb hinzu: Obwohl das deutsche Duo nur an Position 4 gesetzt war, mussten sie in ihrer Fünfergruppe lediglich den Chinesinnen gratulieren. Gegen Großbritannien, Indien und Südafrika überzeugte Mikolaschek als Führungsspielerin mit jeweils zwei Einzelsiegen und im Doppel brillierte das junge deutsche Team bei seinem ersten internationalen Auftritt mit Siegen auch gegen etablierte Duos.
Ebenfalls Bronze im Einzel und Silber im Team holte Thomas Rau in der WK6. Ungeschlagen in der Gruppe gewann der Norddeutsche sein Viertelfinale gegen den Dänen Jensen klar mit 3:0 und zog erst im Halbfinale gegen den Zweiten des Weltrankings, Peter Rosenmeier (DEN), den Kürzeren. Im Team steigerte Rau seine Einzelperformance zusammen mit seinem Partner Thomas Kusiak noch einmal: Nachdem sie in der Gruppenphase sowohl die israelisch-schweizerische Kombination Bobrov/Kneuss, als auch die starken Kroaten Jozic/Gregorovic schlugen, liefen Rau/Kusiak im Halbfinale gegen China zu Höchstform auf und gaben lediglich das Doppel ab. Im Finale trafen die beiden Deutschen auf die Dänen Rosenmeier/Jensen und auch hier agierten sie auf Augenhöhe. Nach Raus Sieg gegen Jensen und dem Gewinn des Doppels führte Kusiak im entscheidenden Spiel gegen Jensen schon mit 2:0, doch dann kämpfte sich der Däne zurück ins Spiel. Das Match ging in einen dramatischen Entscheidungssatz, den Jensen schließlich mit einem schwer zu erkennenden Aufschlag auf die Tischkante zum 11:8 gewann. Kusiak gratulierte dem Dänen sofort ohne Diskussion zum Sieg und wurde für diese Aktion später mit dem Fair-Play-Preis ausgezeichnet.
Weitere Bronzemedaillen bei den wieder sehr gut organisierten 3. Bayreuth Open holten Marcus Sieger und Walter Kilger im Teamwettbewerb der WK1 sowie Jochen Wollmert und Thorsten Schwinn in der WK7.
Bundestrainer Volker Ziegler war mit der Leistung seines Teams bei dem in allen Klassen top-besetzten Turnier zufrieden: „Wir sind sehr froh, dass neben einem großen deutschen Aufgebot auch die komplette chinesische Nationalmannschaft in Bayreuth am Start war. Die Chinesen machen um ihre Starts bei Weltranglistenturnieren immer ein sehr großes Geheimnis – Um auf diese auch im Para-Tischtennis führende Nation zu treffen, muss man sonst um den halben Planeten fliegen“, so Ziegler. „Umso höher sind unsere Ergebnisse einzustufen. Mit zweimal Einzelgold und insgesamt 13 Medaillen hatten wir angesichts des hochkarätigen Teilnehmerfeldes im Vorfeld nicht gerechnet. Nach zuletzt drei Weltranglistenturnieren in den vergangenen vier Wochen haben wir nun auch die Voraussetzungen für die anstehende EM-Nominierung geschaffen. Erfreulich ist, dass sich dabei so viele etablierte Spieler und auch Nachwuchskräfte für die Europameisterschaft in Vejle/Dänemark empfohlen haben.“
Alle Ergebnisse im Detail finden Sie unter www.bayreuth-tt-open.de oder www.ipttc.org.
Die deutschen Medaillen im Überblick:
Gold
Einzel: Thomas Schmidberger (WK3), Stephanie Grebe (WK6)
Silber
Einzel: Valentin Baus (WK5)
Team: Mikolaschek/Hentig (WK4), Grebe/Wolf (WK8), Schmidberger/Brüchle (WK3), Baus/Cetin (WK5), Rau/Kusiak (WK6)
Bronze
Einzel: Sandra Mikolaschek (WK4), Jörg Didion (WK5), Thomas Rau (WK6)
Team: Kilger/Sieger (WK1), Wollmert/Schwinn (WK7)
Text: Sonja Scholten
Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 2. Juni 2015 um 12:59 und abgelegt unter Ergebnisse, International, News.