Deutsche Duos holen drei WM-Medaillen zum Auftakt
Mittwoch 9. November 2022 von Ernst Weinmann
Zum Start der Para Tischtennis-Weltmeisterschaften in Granada überzeugen die Nationalspieler*innen in den Doppel- und Mixed-Wettbewerben. Sandra Mikolaschek und Thomas Brüchle gewinnen WM-Gold im Mixed. Stephanie Grebe und Juliane Wolf sind Vize-Weltmeisterinnen im Doppel – und mit Bronze dekorieren sich Tom Schmidberger und Valentin Baus. Wie hoch das Niveau bei diesem Saisonhöhepunkt in Spanien ist, bekamen einige deutsche Starter*innen aber ebenfalls zu spüren.
Auf den verheißungsvollen Abend der Eröffnungsfeier in der Granada City Sports Hall ließen die Deutschen auch sportlich Sehenswertes folgen: Thomas Brüchle und Sandra Mikolascheck sind nach nervenstarken Auftritten Weltmeister im Mixed-Wettbewerb. Sie hatten bereits im Halbfinale die beiden Serben Ciric/Peric-Rankovic geradezu niedergerungen und das Spiel mit 3:2 gewonnen. Das Finale gegen Kim/Yoon aus Südkorea geriet ebenfalls zum engen Duell. Mit kühlem Kopf agierte das deutsche Duo, setzte sich im fünften Satz früh mit vier, fünf Punkten ab und rettete die Führung bis in Ziel 3:2 (11:6, 7:11, 5:11, 12:10, 11:8). „Wir waren schon die Außenseiter. Die Koreaner haben hier richtig stark gespielt“, sagt Brüchle. „Aber zwischen Sandra und mir, das passt perfekt – menschlich und in der Abstimmung am Tisch. Wir freuen uns riesig.“
Thomas Schmidberger und Valentin Baus sicherten gleich am zweiten WM-Tag im Doppel die erste Medaille für die deutsche Mannschaft. Die beiden setzten sich unerwartet deutlich gegen ihre erfahrenen polnischen Kontrahenten Zylka/Lis sowie gegen das starke französische Duo Merrien/Savant-Aira durch (beide 3:0). „Wir haben uns lange eingespielt und waren sehr gut vorbereitet“, sagte Baus. Das Halbfinale dann geriet zum Krimi. Die Düsseldorfer zeigten gegen die an Position zwei gesetzten Thailänder Glinbanchuen/Chaiwut eine bärenstarke Leistung – lange sah es nach einem Sieg aus, doch am Ende eines dramatischen Matches bejubelte Thailand den 3:2-Sieg (13:15, 11:8, 12:10, 9:11, 11:13).
Stephanie Grebe und Doppel-Partnerin Juliane Wolf hatten furios das Endspiel erreicht. Am Montagnachmittag gelang ihnen im Halbfinale ein überzeugender 3:0-Sieg gegen ein südkoreanisches Duo. Im Endspiel aber wartete mit den Britinnen Pickard/Williams ein Top-Duo. Beim 0:3 (9:11, 7:11, 10:12) kam erschwerend hinzu, dass die Deutschen das Spielglück nicht auf ihrer Seite hatten. Freuen dürfen sie sich – über WM-Silber im Doppel.
Besonders hohe Erwartungen hatten Thomas Rau und Björn Schnake in Runde eins nicht. In Chudziki/Deigsler (Polen) wartete eine echte Herausforderung. Rau und Schnake siegten dennoch im fünften Satz nach einer tollen Teamleistung und zogen damit ins Viertelfinale ein. Endstation waren hier allerdings die starken Franzosen Herrault/Berthier (0:3). Für Rau (RBS Solingen) war es mit vier Einsätzen ein arbeitsreicher erster WM-Tag. Neben dem Doppel spielte er im Mixed an der Seite von Juliane Wolf. Gegen das chilenische Duo Pino/Perez mussten beide über die volle Distanz gehen. Dank eines sicherer werdenden Angriffsspiels gelang hauchdünn der 3:2-Sieg. Das Aus im Viertelfinale folgte aber am Abend nach einer 0:3-Niederlage gegen die Weltranglistenersten aus der Ukraine Dyduk/Lytovchenko. Auch für Schnake blieb es bei nur einem Mixed-Einsatz: An der Seite von Marlene Reeg war gegen die favorisierten Polen, die Einzel-Paralympicssieger Chojnowski/Partika, nichts zu holen.
Ebenfalls im Mixed kam es zum Debüt für den jüngsten Athleten im 13-köpfigen Nationalteam: Der 15 Jahre alte Mio Lukas Wagner durfte erstmals WM-Luft schnuppern. „Man merkt schon, dass das hier alles viel größer ist und viel offizieller“, sagte Wagner vor dem Match. Nervosität war ihm kurz vor Beginn durchaus anzumerken. An der Seite der erfahrenen Berlinerin Stephanie Grebe, Bronzemedaillengewinnerin der Paralympics 2021, ging es dann zudem gegen starke Gegner. Salmin Filho/Costa aus Brasilien ließen zu keiner Zeit einen Zweifel daran aufkommen, dass sie zu den Favoriten auf den WM-Sieg zählen. Wagner und Grebe hatten beim 0:3 keine Mittel gefunden. „Enttäuscht bin ich schon, weil ich nicht zeigen konnte, was ich kann“, so Wagner. Eine weitere Chance erhält er bei dieser WM, da die Einzel-Wettbewerbe nun starten.
Unglücklich lief es im Doppel für Jana Spegel und Sandra Mikolaschek. Aufgrund der Absage eines Teams gab es kein K.o.-System, sondern eine Vierer-Gruppe. Dem neuformierten deutschen Doppel reichte ein Sieg gegenüber zwei knappen Fünfsatz-Niederlagen nicht für den Halbfinal-Einzug. Bemerkenswert war die starke Leistung gegen die Weltmeisterinnen von 2017, Rossi/Brunelli (Italien), die sie in den Entscheidungssatz zwangen und an den Rande einer Niederlage gebracht hatten.
Ins Viertelfinale konnten Lena Kramm und Marlene Reeg nach einem 3:1-Erfolg gegen die Thailänderinnen Suangtho/Chaiwut einziehen. Lehrgeld mussten sie dann aber gegen die türkischen Gegnerinnen zahlen; beim 0:3 ließen ihnen Kavas/Demir keine Chance.
Für ein Zwischenfazit sei es zu früh, sagt Bundestrainer Volker Ziegler: „Es war ein guter Start – mehr aber auch noch nicht. Wir haben fünf weitere Wettkampftage vor uns. Und ich hoffe, außer auf weitere Medaillen, dass die jungen Spieler*innen noch Matches auf Augenhöhe bekommen, in denen sie maximal lernen können. Dazu brauchen wir aber auch das entsprechende Losglück.“
Die Einzel-Wettbewerbe beginnen am Dienstagabend. Für Deutschland sind Sandra Mikolaschek, Stephanie Grebe und Tiziana Oliv im Einsatz. Bis zum 12. November treten 326 Spieler*innen aus 51 Teams im Palacio de los Deportes gegeneinander an – eine Rekordzahl an teilnehmenden Nationen seit der ersten Ausgabe einer Para Tischtennis-WM in 1990.
Alle Informationen, Ergebnisse und einen Livestream zu Para Tischtennis-WM in Granada gibt es auf: https://www.ittf.com/tournament/5360/andalucia-2022-world-para-table-tennis-championships/
Text: Jessica Balleer
Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 9. November 2022 um 12:39 und abgelegt unter International, News, Presse, Weltmeisterschaften.